Feinoxidation: So wenig wie möglich – so viel wie nötig
5. Oktober 2015
Bevor die Weine in Flaschen abgefüllt werden, müssen sie bekanntlich reifen. Diese Reifezeit kann zwischen ein paar Wochen bis hin zu mehreren Jahren dauern. Der Fachmann spricht hier auch vom Ausbau des Weines. Der Wein erweitert in dieser Zeit sein Aromenspektrum. Er baut es quasi aus! Diese Veränderung geschieht durch kleinste Mengen Sauerstoff, die auf den Wein einwirken. In der Fachsprache wird dies Feinoxidation genannt. Ob der Ausbau im Holzfass, im Edelstahltank oder in der Flasche geschieht, entscheidet der Kellermeister.
Was bewirkt der Sauerstoff im Wein?
Sauerstoff ist eigentlich ein Feind des Weines. Er lässt ihn schnell altern und verdirbt ihn. Im Reifeprozess geht es jedoch nicht ganz ohne Sauerstoff. Es kommt dabei auf das Verhältnis von „so wenig wie möglich – so viel wie nötig“ an. Die für die Farbe verantwortlichen Anthocyane (Phenole) reagieren schnell mit Sauerstoff. Rotweine können dadurch ihre dunkelrote Farbe verlieren, Weißweine werden goldgelb. Träger der Duftaromen im Wein sind Kohlenwasserstoffverbindungen, die bei der Reaktion mit Sauerstoffmolekülen vielfältigere Kombinationen und damit auch Aromen hervorbringen. Wenn die Tannine im Wein mit dem Sauerstoff reagieren, bilden sich neben den fruchtigen Aromen neue erdige oder würzige. Bei der sogenannten Polymerisation verbinden sich kurzkettige Phenolmoleküle unter Sauerstoffeinfluss zu größeren Molekülen. Dieser Vorgang beeinflusst das Weinaroma deutlich. Die Weine werden komplexer und feiner.
Wein ohne Sauerstoff
Wird der Wein unter fast vollständigem Luftabschluss gelagert, kann er nur wenig bzw. „reduziert“ chemisch reagieren. Dieser reduktive Ausbau hat zur Folge, dass übel riechende Verbindungen wie z. B. Schwefelwasserstoff nicht abgebaut werden. Der Wein riecht nach faulen Eiern. Um dies zu vermeiden, lüftet der Kellermeister den Wein nach der Gärung.
Unter Abschluss von Sauerstoff reagieren aber auch der Alkohol und die Säuren im Wein. Es bilden sich Ester, die das fruchtige Aroma des Weins bewirken. Je mehr Säure mit Alkohol reagiert, desto milder schmeckt der Wein.
Wein mit zu viel Sauerstoff
Bei einer übermäßigen Zufuhr von Sauerstoff entsteht in Verbindung mit dem Alkohol Acetaldehyd. Der Wein riecht nicht mehr frisch, wie zu lange offen stehengelassene Flaschen. Um eine Oxidation zu vermeiden, müssen die Fässer immer bis zum Spundloch gefüllt sein. Eine andere Variante ist Stickstoff als Schutzgas in den Leerraum zu füllen.