Die Gärverfahren beim Wein – kompakt erklärt

5. Oktober 2015

Immer öfter bekommt man in Weinfachgeschäften Informationen über die verwendeten Gärverfahren eines Weines mitgeteilt. Da ist dann die Rede von Kaltvergärung oder es wird darauf hingewiesen, dass keine oder gerade doch Reinzuchthefen verwendet wurden. Was hinter den Begriffen steckt, erfahren Sie hier.

Die alkoholische Gärung

Bei der alkoholischen Gärung wird der Zucker im Most zu Alkohol. Der Zucker im Wein findet sich jeweils zur Hälfte in Form von Glucose und Fructose und wird durch die Hilfe von Hefen zu Alkohol. Hefen sind Pilze, die sich durch Abtrennung ausgestülpter Zellen vermehren. Die Energie dazu liefert der Zucker. Somit ist Alkohol also eigentlich nur ein Nebenprodukt des Vermehrungsprozesses der Hefen. Je niedriger die Temperatur, desto langsamer vermehren sich die Hefen. Wenn der Zucker vollständig verarbeitet ist, sterben sie ab. Bei extrem zuckerreichem Most kann dies auch früher geschehen, nämlich dann, wenn der Alkoholgehalt bei 15% vol. liegt. Wie viel Zucker vergärt, bestimmt der angestrebte Weintyp. Je mehr in Alkohol umgewandelt wird, desto trockener wird der Wein.

Die Hefen

Hefen kommen entweder aus der Natur oder aus dem Labor. Jeder Weinberg hat seine eigenen natürlichen Hefekulturen. Regnerische und kühle Jahre sowie starkes Spritzen von Fungiziden und Insektiziden beeinträchtigen jedoch die Bildung der Hefekulturen. Die Reinzuchthefen aus dem Labor sind natürliche, im Labor vermehrte, Hefen. Die meisten Weinerzeuger der Neuen Welt benutzen Reinzuchthefen, da sie berechenbarer sind und das Risiko eines späteren Weinfehlers verringern. Dadurch können die Weine einer Region jedoch uniform wirken. Boden- und Sortenunterschiede, die den Weinen ihren Charakter verleihen, treten nicht mehr hervor.

In der Gattung der Weinhefen gibt es verschiedene Hefestämme, die unterschiedlich auf die Inhaltsstoffe des Mostes reagieren und so den Wein auf eine jeweils andere Weise prägen. Es gibt alkoholempfindliche, die nur bis zu 5% vol. arbeiten, oder wärmeempfindliche Hefen. Andere Hefestämme produzieren viel Schwefelwasserstoff oder aromatisieren, wie z. B. beim Sauvignon Blanc oder bei jungen Weißweinen.

Weißwein oder Rotwein?

Grundsätzlich unterscheiden sich die Gärverfahren bei Weiß- und Rotwein nicht voneinander. Der wichtigste Unterschied ist, dass beim Rotwein die Schalen mit vergoren werden und beim Weißwein nur der Saft. Weiße Trauben werden nach der Ankunft im Keller direkt abgepresst, der Saft aufgefangen und vergoren. Rote Trauben werden gemahlen oder leicht gequetscht, sodass die Beerenhaut aufplatzt. Saft, Fruchtfleisch, Schale und Traubenkerne bilden zusammen die Maische.

Maischegärung

Rotweine gären in den offenen Gärgefäßen schneller als Weißweine. Sie sind offen, weil das Kohlendioxid nach oben entweicht und die in der Flüssigkeit schwimmenden Schalen mit nach oben treiben. Der dadurch entstehende „Tresterhut“ muss immer wieder nach unten gedrückt werden, damit der Wein genügend Kontakt zu den Schalen hat. Im Burgund geschieht dies noch heute von Hand. In der modernen Kellertechnik wird der Wein unten am Fass abgezogen, nach oben gepumpt und über den Tresterhut gespült. Während der alkoholischen Gärung findet auch die Extraktion von Farbe und Gerbstoffen aus der Schale statt. Gelöst werden die Farbstoffe vom entstehenden Alkohol. Die Tannine aus der Schale sind am weichsten, während die aus den grünen Stielen und den Traubenkernen stumpf und hart und daher unerwünscht sind. Bereits nach wenigen Tagen ist der Großteil der Farbstoffe aus den Schalen extrahiert. Der Wein ist dunkelrot, die Schalen sind hellviolett. Der Wein wird nun nicht mehr umgewälzt, da sich sonst die unerwünschten Tannine aus Stielen und Kernen lösen würden. Wenn die Gärung beendet ist und kein CO₂ mehr entsteht, sinken die Schalen, die toten Hefen und das Fruchtfleisch auf den Boden.

Die Gärdauer hat nur geringen Einfluss auf den Tanningehalt, wichtiger ist die Gärtemperatur. Daher lassen viele moderne Önologen tanninhaltige Maischen nur wenige Tage, dafür aber bei hohen Temperaturen von über 30°C bis zu 35°C gären. In dieser kurzen Zeit werden nur die weichen Tannine aus den Schalen gelöst. Danach wird der angegorene Wein abgepumpt und fermentiert in einem anderen Fass langsam zu Ende. Die Kurzzeiterhitzung farbschwacher Sorten wie Lemberger, Trollinger oder Spätburgunder löst mehr Farbstoffe aber nicht mehr Tannine. Die Temperaturen erreichen dabei kurzzeitig bis zu 80°C.

Kaltvergärung

Hohe Gärtemperaturen lassen den Alkohol versieden und zahlreiche Aromen versiegen. Edelstahltanks können entweder durch Berieselung mit kaltem Wasser gekühlt werden oder sie sind doppelwandige Tanks, in deren Zwischenräumen Kühlschlangen verlaufen. Auf diese Weise kann jede gewünschte niedrige Temperatur im Tank erzeugt werden. Mit der Möglichkeit Moste zu kühlen, können auch in warmen Regionen wie Spanien, Kalifornien oder Australien frische Weißweine hergestellt werden. Dennoch weisen diese Weine meist eine zu geringe Säure auf und die Winzer reichern den Most mit Zitronen- oder Apfelsäure an (Azidifikation). Weine, die bei 12°C, 10°C oder sogar nur 8°C vergären, benötigen bestimmte Hefestämme, die auch bei diesen niedrigen Temperaturen noch arbeiten. Dennoch gärt der Most dann deutlich langsamer und länger. Zudem muss er sehr gut vorgeklärt sein. Dabei verliert der Most Pektine und der Wein wird deutlich körperarmer. Die Kaltvergärung bringt extrem frische und reintönige Weine hervor, die unkompliziert sind und kein ausgeprägtes Sortenaroma besitzen. Die Aromenstruktur ändert sich nur wenig beim Übergang vom Moststadium zum Weinstadium. Ein typisches Beispiel für einen kalt vergorenen Weißwein ist der italienische Pinot Grigio.

Malolaktische Gärung

Nach der alkoholischen Gärung machen die Rotweine eine zweite Gärung, die Milchsäuregärung, durch. Rotweine aus Anbaugebieten mit gemäßigtem Klima haben einen Überschuss an Apfelsäure, der auch in warmen Jahren und bei später Lese nicht vollständig abgebaut werden kann. Die Apfelsäure wird von Milchsäurebakterien angegriffen und spaltet die Apfelsäuremoleküle in die mildere Milchsäure um. Dadurch sinkt der Säuregehalt im Wein und er schmeckt weicher. Dieser Säureabbau ist ein natürlicher Vorgang und wird auch als biologischer Säureabbau bezeichnet. Die Bakterien werden erst ab Temperaturen von 20°C aktiv, daher werden die Keller nach der alkoholischen Gärung beheizt. Die Gärung dauert zwei bis drei Wochen, danach ist keine Apfelsäure mehr im Wein enthalten. Weißweine enthalten zwar auch Apfelsäure, doch die meisten Winzer lehnen eine malolaktische Gärung bei Weißweinen ab, da die Säure erwünscht ist. Sie macht den Wein lebendig und frisch.

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