Wein & Dessert: Was passt ganz genau
7. Mai 2016
Ob Festtagsmenü oder tägliches Mahl – der perfekte Ausklang eines Essens ist süß und gehört zu einem ansprechenden Finale. Süß gilt hier im doppelten Sinne, denn Harmonie zwischen Dessert und Wein entsteht nur, wenn beide gleichermaßen süß sind – insofern ist die Auswahl etwas einfacher als die Kombination von Wein und Schokolade.
Zur Verkostung mit Desserts stand eine Reihe der besten Auslesen, Eisweine, Beeren- und Trockenbeerenauslesen der Bundesweinprämierung 2006 bereit. Um klare Hinweise und Richtlinien für die geschmackliche Harmonie zu erhalten, wurden den ausgewählten Weinen der Rebsorten Riesling, Gewürztraminer, Scheurebe, Albalonga, Ortega und Spätburgunder jeweils vier sensorisch relativ unkomplizierte Desserts gegenübergestellt: Auf der Basis von Bayrisch-Creme mit den Ingredienzien Sahne, Eigelb, Zucker und Gelatine wurden die vier Nachspeisen je einmal mit Walnuss und Marzipan, mit Himbeeren und etwas weißer Schokolade, mit Orangen und Grand-Marnier-Likör und zuletzt ohne Gelatine als halbgefrorenes Vanilleparfait serviert. Überraschenderweise ergab sich trotz dieser bewusst vereinfachten Vorgaben, mit denen die Desserts beispielsweise nicht übermäßig viel Zucker, keine Gewürze oder Kombinationen verschiedener Früchte enthielten, kein einstimmiges Credo unter den Profi-Juroren. Über Geschmack lässt sich eben nicht streiten! Die Welt der Aromen ist vielschichtig und nicht schwarz-weiß, was dem einen besonders harmonisch und schmackhaft erscheint, findet ein anderer eher langweilig. Aber: Unsere große Wein & Dessert-Verkostung brachte ein einhelliges Urteil über die Wahl der am besten zum Dessert geeigneten edelsüßen Weine. Solo verkostet überzeugten alle Süßweine aufgrund ihrer ausgezeichneten Qualität, zusammen mit den Desserts hingegen fügten sich nicht alle gleichermaßen gut zu einem harmonischen Einklang.
Nach einhelliger Meinung der Jury fällt die Wahl des schönsten Dessertweins auf einen 2004er Spätburgunder Weißherbst Eiswein aus dem Weingut Karlheinz Menk. Dieser Eiswein harmoniert ausgezeichnet mit den Säure- und Fruchtnoten des Himbeerdesserts und kann mit seiner intensiven Süße einen effektreichen Kontrast zu den feinherben und zartbitteren Noten der Orangencreme setzen. Platz zwei belegt der 2004er Scheurebe Eiswein der Winzergenossenschaft Westhofen mit bestechender Powersüße, feiner Säure und exotischen Fruchtkomponenten, die sich ausgezeichnet mit Fruchtdesserts (Himbeere oder Orange!) verbinden.
Als ebenso perfekter Dessertbegleiter präsentiert sich der 2004er Riesling Eiswein aus der Winzergenossenschaft Mayschoss-Altenahr: Die exzellente Gesamtstruktur des Weines mit einem ausgewogenen Spiel aus Säure, Frucht und Süße fügt sich zu fast allen Desserts, insbesondere den fruchtigen, aber auch zur Walnusscreme. Er harmoniert mit der Bourbon-Vanille, wenngleich diese Kombination etwas langweilig wirkt.
Mit einer Albalonga Auslese Jahrgang 2004 stellte das Weingut Göring einen Bilderbuch-Wein zur Nachspeise vor: feine Honigsüße, klare Frucht und Eleganz spielen perfekt mit der nicht dominanten Süße und den Säurenoten der Fruchtdesserts.
Im Resümee scheinen würzige Weine etwas mehr Süße im Dessert zu fordern, Orangenkreationen sind Traumpartner für Dessertweine. Nussaromen lassen sich generell sehr gut mit Süßweinen kombinieren, ihre zarte Bitternote kontrastiert fein zur Süße – jedoch mag sie nicht jeder. Das Grundprodukt Vanille fügt sich recht unkapriziös zu vielfältigen Weinaromen, passt meistens, bewirkt aber wenige kulinarische Höhenflüge. Perfekt sind Desserts mit wohl balanciertem Spiel aus Frucht, Süße und Säure – es ist verlockend, das zu erproben und auch mit Gewürzen zu arbeiten.
Spitzengastronom und Jurymitglied Wolfgang Dubs verrät seine ganz persönliche Lieblingskombination: Riesling Eiswein oder Albalonga Auslese zu Gâteau au Chocolat mit kandierten Orangen und Chilieis. „Durch die präsente Säure und konzentrierte Süße sind diese Weine ideale Begleiter zu Schokolade und Orange. Vor allen Dingen die feine Würze und Schärfe des Chilieises und die Bitterstoffe der Orange korrespondieren mit der eleganten Frucht und feinen Säure.“