Cuvée – „Komposition“ oder nur „Verschnitt“?
15. Oktober 2015
Schon bei der Definition des Begriffs streiten sich die Geister. Den Verbraucher hingegen interessiert mehr, ob denn nun ein reinsortiger Wein oder eine Komposition aus mehreren Rebsorten besser ist. Dieser Frage soll hier nun nachgegangen werden.
Cuvée – Ein Süd-Nord-Gefälle
Im deutschen Sprachgebrauch wird unter einem Cuvée der Verschnitt aus verschiedenen Rebsorten, Jahrgängen oder Lagen verstanden. Interessant ist, dass es nur relativ wenige deutsche, österreichische oder schweizer Cuvées gibt, während Weine aus dem Burgund, der Toskana oder dem Riojagebiet meist Verschnittweine sind. Der Grund liegt darin, dass Weinreben in kühleren Regionen finessenreichere Weine vorbringen, die eine größere Aromenvielfalt haben. In wärmeren Regionen nutzt man hingegen häufiger die verschiedenen Eigenschaften mehrerer Rebsorten, um ein möglichst vielschichtiges Endprodukt zu bekommen. Somit haben beide Zubereitungsformen ihre Daseinsberechtigung.
Natürlich spricht nichts dagegen, auch in kühleren Regionen Cuvées zu produzieren. Als Weintrinker hat man andererseits beim Weinkauf gerne einen Anhaltspunkt. Wer gerne Riesling oder Weißburgunder trinkt, weiß beim Kauf einer Flasche in der Regel, was ihn erwartet. Bei einem Cuvée ist man auf das Fingerspitzengefühl des Kellermeisters angewiesen.
Rote Cuvées etablieren sich langsam auch in Deutschland
Cuvées kommen aber auch in Deutschland langsam in Mode. Momentan fast ausschließlich bei roten Weinen. Schon früher hat man manchen Rotwein z. B. mit etwas Dornfelder verschnitten, um ihm eine etwas dunklere Farbe zu geben. Solange der Anteil 15 % nicht übersteigt, ist das auch zulässig und muss nicht angegeben werden. Im Gegensatz zu früher steht man heute aber dazu und erwähnt auf dem Etikett auch schon einmal eine „zugemischte“ Traube, die gerade in der Verbrauchergunst steigt, wie z. B. „St. Laurent“. In Württemberg ist der „Trollinger/Lemberger“ schon länger in den Regalen zu finden. Aber auch „Samtrot mit Lemberger“, „Portugieser mit Samtrot“ und „Riesling mit Kerner“ finden sich immer häufiger.
Richtige Cuvées werden aber nach wie vor nur in geringen Mengen produziert. Ob sich ihr Anteil erhöhen wird, ist wahrscheinlich eine „Mode“-Frage und daher schwer vorauszusagen. Im Gegensatz zu den südländischen Cuvées (siehe unten) sind Cuvées aus Deutschland fast ausschließlich sehr hochwertige Weine, für die man guten Gewissens gerne mal ein paar Euro mehr ausgeben kann.
[textbox title=“Begriffsverwirrung Cuvée“] Cuvée stammt vom französischen Cuve (Bottich oder Weinbehälter) und bezeichnet eigentlich eine bestimmte Menge Wein in einem Gefäß. Im deutschsprachigen Raum wird darunter der Verschnitt aus verschiedenen Rebsorten, Jahrgängen oder Lagen verstanden. In Deutschland verboten ist der Verschnitt von Tafel- und Qualitätsweinen sowie von Qualitätsweinen verschiedener Anbaugebiete. Q.b.A. Weine mit Prädikat dürfen nur auf der gleichen Prädikatsstufe (z. B. Auslese) miteinander verschnitten werden, sonst erhalten sie die niedrigere Prädikatsstufe.
In der Champagne versteht man unter einem Cuvée (auch Téte de Cuvée) hingegen den Mostertrag des ersten Pressvorganges, der die höchste Qualität hat. Außerhalb der Champagne versteht man unter Téte de Cuvée in der Regel das beste Fass oder die besten Partien einer Ernte, die es dann in einer Sonderabfüllung gibt.
Ein Cuvée de Prestige wird fast ausschließlich in der Champagne gebraucht und bezeichnet einen Champagner aus einem ganz besonderen Jahrgang oder das Spitzenprodukt des Hauses.[/textbox]
(Un-)Bekannte Cuvèes
Viele bekannte südländische Weine sind Cuvées, was wiederum weniger bekannt ist. Der Chianti z. B., dessen weinrechtliche Zusammensetzung sich im Laufe der Jahre vielfach geändert hat, besteht heute fast ausschließlich aus Sangiovese und kleinen Mengen (bis zu 20 %) Cannaiolo, Syrah, Cabernet Sauvignon oder Merlot. Die früher per Gesetz vorgeschriebenen weißen Rebsorten (Trebbiano und Malvasia) sind heute fast vollständig verschwunden. Sie reduzierten u. a. die Haltbarkeit zu stark.
Auch der rote Châteauneuf-du-Pape ist ein Cuvée, bei dem es im Laufe der Zeit eine Verschiebung der Sortenzusammensetzung gegeben hat. Heute besteht der Châteauneuf-du-Pape zu ca. 70 % aus Grenache und nennenswerten Anteilen von Syrah, Mourvèdre und Cinsaul. Insgesamt sind 13 Rebsorten zugelassen.
Der spanische Rioja besteht zum Großteil aus Tempranillo (weit über 50 %), der mit Grenache, Mazuelo und Graciano verschnitten wird.