Weinprobe zu Hause – Die Verkostung (Teil 2)
15. Oktober 2015
Schon bei den alten Römern wurde eine Weinprobe in die drei Abschnitte Color, Odor und Sapor unterteilt. Nach der Farbe wird der Geruch und dann der Geschmack begutachtet.
Bereits die Farbe verrät viel über die Qualität und den Geschmack eines Weines. Auch das Alter kann an der Farbe abgelesen werden. Beim Weißwein erfolgt das zum Beispiel nach der einfachen Regel „je dunkler, desto älter“ – die Nuancen changieren hier von hellgelb zu goldgelb und bei besonders alten Edelsüßen sogar zu bräunlich. Rotweine wechseln von rotviolett bis zu rostfarbenen Tönen. Die Intensität der Farbe verrät mitunter auch etwas. Ein satter und intensiver Farbton lässt beispielsweise viel Geschmack erwarten.
Beim Schwenken des Glases lässt sich ablesen, wie dick- oder dünnflüssig ein Wein ist. Schlieren zeigen, dass der Wein einen hohen Alkoholgehalt und Reife besitzt – oder er hat einen hohen Zuckergehalt oder andere Inhaltstoffe, die ihn zähflüssig machen. Schlieren sind daher nicht immer ein Zeichen für Qualität.
Das Riechen des Weines ist mehr ein Schnüffeln. Experten sprechen sogar von der „Schnüffelatmung“. Schnelle, kurze Riecher lassen mehr Luft und damit Duft in die Nase kommen. Nehmen Sie sich Zeit für das Schnüffeln, denn der erste Geruchseindruck ist nicht unbedingt der letzte.
Das Schnüffeln ist auch deshalb wichtig, weil der Geruch beim anschließenden Schmecken eine große Rolle spielt. Die Zunge kann nur zwischen süß, sauer, salzig und bitter unterscheiden. Geschmack ist aber vielmehr eine Mischung aus Riechen und Schmecken. Wir riechen Geschmacksempfindungen und schmecken sie nicht mit den Lippen. Das Unterscheidungsorgan liegt in der oberen Nasenhöhle, wohin beim normalen Atmen keine Luft gelangt. Um vom Gehirn registriert zu werden, müssen die Geruchsstoffe des Weines daher durch die Nase und den Mund in den oberen Abschnitt der Nasenhöhle inhaliert werden.
Damit ein möglichst intensiver Geschmackseindruck entsteht, sollte der erste Schluck gleichmäßig über die Zunge verteilt werden. Dazu sollte nicht zu wenig Wein in den Mund genommen werden – die Menge von zwei Esslöffeln ist ausreichend. Nun gilt es mit kauenden Bewegungen (daher auch der Ausdruck vom „Weinbeißen“) und einem Hin- und Herrollen der Zunge ein möglichst umfassendes Geschmackserlebnis zu erhalten. Wichtig auch: Nicht zu schnell hinunterschlucken, damit sich der Wein in der Mundhöhle noch etwas erwärmen kann und die Geschmacksstoffe intensiviert werden. Zwischen den Proben den Gaumen mit stillem Wasser oder einem Stück frischem Weißbrot neutralisieren. Ansonsten auf kräftige Beilagen wie scharf gewürzte Chips verzichten. Auch Käse sollte während einer Probe nur in milder Form serviert werden. Wenn die Speisen zum Wein passen, kann eine Weinprobe auch mit einem Essen verbunden werden. Bedenken Sie aber, dass dabei oft der Charakter einer echten Weinprobe und die Konzentration auf die Weine leiden können.
Der erste Eindruck
Hier entscheidet sich, welcher Geschmack bei einem Wein am intensivsten empfunden wird. Die Geschmackseindrücke entstehen dabei in einer ganz bestimmten Abfolge. Zuerst lässt sich Süße und danach Säure schmecken. Dann spürt man die Auswirkungen der Weinsäure, Kohlensäure und der Tannine. Die Gerbstoffe ziehen die Mundschleimhäute zusammen. Bei zu viel Säure ist der Wein aggressiv, bei zu wenig Säure ist er flach. Nach dem Herunterschlucken bleibt ein Nachgeschmack auf dem Gaumen, der sogenannte „Abgang“. Er verrät viel über die Qualität eines Weines: Ein angenehmer, sauberer und nicht bitterer Nachgeschmack ist ein gutes Zeichen, besonders dann, wenn er lange anhält.
Die Bewertung
In Weinen stecken Hunderte von Nuancen. Sie zu entdecken ist schwer genug. Noch schwieriger ist es, sie zu benennen und dann noch zu bewerten. Letzteres ist aber nicht nur das Ergebnis einer Weinprobe, sondern auch das eigentliche Erlebnis. Neben der ebenso schwierigen wie interessanten eigenen Entscheidung ist es fast noch spannender, diese mit anderen zu vergleichen. Besonders dann, wenn alle unter den gleichen Bedingungen ihre Noten abgeben. Die Einstufung eines Weines erfolgt weltweit nach verschiedenen Verfahren: Es gibt Fünf-Sterne, Vier Flaschen, Drei Gläser oder auch Punktesysteme, wobei sich neben dem 20-Punkte-Verfahren das, nicht zuletzt durch Weinpapst Robert Parker bekannt gewordene, 100-Punkte-System immer mehr durchsetzt.